- Interview mit Jamie Chadwick über ihren Einstieg ins Trajectory Programm
- Erfolgreicher Saisonstart in der European Le Mans Series (ELMS)
- Ehrgeizige Pilotin hat Start in der Hypercar-Klasse als großes Ziel vor Augen
12. Juni 2025, Frankfurt (Deutschland) – Als dreifacher Champion der rein weiblich besetzten W Series sowie als einzige Frau, die je ein Rennen in der Indy NXT gewann, hat Jamie Chadwick ihr Können am Steuer schon mehrfach bewiesen und gezeigt, worauf es als Rennfahrerin im Motorsport ankommt.
Als Teil des Trajectory Programms von Genesis Magma Racing, das junge Fahrer auf ihrem Weg in die Königsklasse des Motorsports begleitet, strebt sie einen Platz im GMR-001 an, mit dem das Rennteam im kommenden Jahr in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) antritt. In dieser Saison startet sie gemeinsam mit Mathys Jaubert und Daniel Juncadella in der LMP2-Klasse der European Le Mans Series (ELMS) und konnte hier bereits einen Klassen- und einen Gesamtsieg verbuchen.
Rund um die diesjährige Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans erzählt sie von ihrer Reise durch die Welt des Motorsports mit Genesis Magma Racing und hebt dabei den innovativen Ansatz, die fortschrittlichen Technologien und die großartige Zusammenarbeit des Teams hervor, was ihre Leidenschaft und ihren Ehrgeiz für den Motorsport weiter befeuert hat.
Wie war dein erster Eindruck von Genesis Magma Racing? Was waren die ausschlaggebenden Gründe, aus denen du Teil des Trajectory Programms geworden bist?
Von Anfang an dachte ich, dass es sich hierbei um ein einmaliges Programm handelt und dass ich gerne ein Teil davon wäre. Hypercars haben sich inzwischen zu einer der wettbewerbsintensivsten Formen des Motorsports entwickelt, daher ist es für Genesis sehr spannend, ein Teil davon zu werden. Die Mitglieder unseres Teams, allen voran die Experten aus der Rallye-Weltmeisterschaft, bringen unglaublich viel Erfahrung mit. Zudem wird es sehr aufregend sein, die Hypercar- und Hybridtechnologie im Renneinsatz unter den härtesten Bedingungen zu erleben.
Du warst von Anfang an Teil von Genesis Magma Racing. Was reizt dich an diesem Projekt am meisten?
Mein großes Ziel ist es, mich in der Hypercar-Klasse zu etablieren. Es ist die Königsklasse des Langstreckenmotorsports und ein Top-Niveau, das ich gerne erreichen würde. Es ist sehr spannend, diesen Weg bis an die Spitze von meinem aktuellen Standpunkt aus zu betrachten und gleichzeitig Teil eines Teams zu sein, das in der WEC sehr erfolgreich sein kann. Es ist großartig, ein Teil davon und von Anfang an dabei zu sein.
Du warst schon im Dezember in Dubai dabei, als Genesis Magma Racing erstmals vorgestellt wurde. Was war dies für ein Moment für dich, neben dem Modell des Rennwagens zu stehen, das sowohl für deine eigene Karriere als auch die Marke Genesis den Beginn eines völlig neuen Kapitels bedeutet?
Dieser Moment war unglaublich aufregend. Es sind immer tolle Neuigkeiten, wenn ein Hersteller von Serienfahrzeugen seinen Einstieg in den Motorsport verkündet. Schaut man sich noch dazu die vielen besonderen Persönlichkeiten an, die Genesis auf diesem Weg begleiten – von Cyril Abiteboul über André Lotterer und Luis „Pipo“ Derani bis hin zu Jacky Ickx – zeigt dies den Willen und den Antrieb, mit dem die Marke den Einstieg in die WEC plant.
Wie nutzen du und das Team Telemetriedaten und Analysen, um sowohl deine Fahrtechniken zu verfeinern als auch die Rennstrategien über ein ganzes Wochenende hin abzustimmen?
Alle von uns gesammelten Daten sind sehr wichtig für die Abstimmung und Weiterentwicklung. Ein großer Vorteil ist, dass sie uns unmittelbar zur Verfügung stehen und wir sie direkt nutzen können, um Dinge zu verändern und zu optimieren. Dies macht einen großen Teil unseres Sports aus und das ist es, was ich am Motorsport so liebe. Das unmittelbare Feedback hilft enorm weiter – erst recht, wenn man mit so vielen erfahrenen Leuten wie in unserem Team zusammenarbeitet. Ich denke, das ist es auch, was uns in dieser noch jungen Saison so erfolgreich gemacht hat: dass wir schnelle Entscheidungen auf Basis von gewonnenen Informationen treffen können. Und auch mir persönlich helfen die gesammelten Daten sehr, um zu sehen, wo man sich verbessern muss. In Verbindung mit dem Feedback der erfahrenen Teamkollegen hilft mir das extrem weiter.
In dieser Saison, die für das Team als Lernprozess sehr wichtig ist, habt ihr bereits einige sehr starke Rennergebnisse erzielt. Was war aus deiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg?
Wir sind viel erfolgreicher in die Saison gestartet als wir es erwartet hätten. Wir hatten uns vorgenommen, möglichst viel zu lernen und am Ende des Jahres unter den ersten fünf zu landen. Die beiden Siege in der LMP2-Klasse bei den ersten zwei Rennen in der ELMS haben unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen. Ein Grund dafür ist unsere Zusammenarbeit als Team. Wir haben sehr gute Arbeit geleistet, haben Fehler vermieden und in zwei schwierigen Rennen das Beste herausgeholt. Noch dazu hatten wir beide Male ein sehr zuverlässiges Auto. Ich hoffe, dass wir auch weiterhin so erfolgreich bleiben.
Was sind deine langfristigen Ziele?
Mein großes Ziel ist es, in der Hypercar-Klasse an den Start zu gehen. Kurzfristig möchte ich natürlich noch mehr Rennen in der ELMS gewinnen. Zudem ist es mein Traum, in Le Mans zu starten und hier das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Der Wechsel zu einem neuen Team wie Genesis Magma Racing bringt besondere Herausforderungen mit sich. Wie hast du dich angepasst und was hast du auf diesem Weg gelernt?
Mich so gut wie möglich anzupassen war die größte Lektion für mich. Jedes Mal, wenn man in das Auto einsteigt, fühlt es sich anders an. Ständig muss man auf neue Bedingungen reagieren. Zudem dauert ein Langstreckenrennen sehr lange – hier wird nichts in nur einem einzigen Stint entschieden oder gewonnen. Oft muss man einfach nur versuchen, das Beste aus dem Moment herauszuholen und das Optimum aus der jeweiligen Rennstrategie zu machen. Ich glaube, ich konnte mich auch deshalb so gut anpassen, da wir hier eine wirklich gute Truppe haben. Das Team von IDEC Sport hat sehr viel Erfahrung im Langstreckensport und für mich war es ein großer Vorteil, dass ich mich auf ihre Unterstützung verlassen konnte.
Was war die härteste Lektion, die du im Motorsport lernen musstest?
Es ist egal, in welcher Rennserie oder Klasse man unterwegs ist, man muss immer hart an sich arbeiten und lernt täglich neu dazu. Motorsport ist nie „einfach“. Man freut sich über gute Tage, aber es steckt viel Arbeit dahinter, diese Momente zu erreichen. Es gibt so viele Variablen, dass einfach alles zusammenpassen muss, um Erfolg zu haben. Daher gibt es viel mehr schlechte als gute Tage, doch man muss motiviert und hungrig bleiben und auch an dunkleren Tagen alles dafür geben, dass man wieder mehr Erfolg hat.
Wie haben sich die Erfolge in den ersten beiden Rennen der ELMS-Saison auf dein Selbstvertrauen und deine Erwartungen an die restliche Saison verändert?
Zuerst hatten wir uns vorgenommen, dieses Jahr vor allem als Lernprozess zu betrachten. Wir hatten uns keine Ziele in Bezug auf Platzierungen gesetzt, doch ich denke, dass sich dies durch unsere jüngsten Erfolge geändert hat. Wir setzen einen Fokus auf die Meisterschaft und ich glaube, dass wir mit zwei Siegen im Rücken viel Selbstvertrauen aufgebaut haben. Wir wissen, was wir können, und wollen diese starke Leistung über den gesamten Saisonverlauf mitnehmen.
Wie bereitest du dich für gewöhnlich auf ein Rennen vor? Sowohl auf als auch neben der Strecke. Gibt es bestimmte Routinen oder Rituale?
Ich versuche, mir nicht zu viele Rituale anzugewöhnen. Einen großen Teil meiner Vorbereitungszeit nutze ich, um mich physisch auf das Rennen vorzubereiten. Ich bin noch relativ neu in der Welt des Langstreckensports, daher muss ich mich an lange Stints erst noch gewöhnen. Zudem ist die Zeit im Simulator zusammen mit dem Team von IDEC Sport sehr wichtig, um ideal auf das Rennwochenende vorbereitet zu sein. Das gilt gerade für besondere Rennen wie Le Mans.
Du warst auch schon als Kommentatorin in der Formel 1 unterwegs. Wie hat diese Erfahrung deine Sicht auf den Motorsport verändert oder deine Herangehensweise als Fahrerin beeinflusst?
Es kommt mir so vor, als hätte ich nun einen anderen Blick auf die Dinge, da ich sie von der anderen Seite des Mikrofons oder der Kamera aus gesehen habe. Wir alle können von der Formel 1 lernen, da das Niveau dort extrem hoch ist. Ich lerne jeden Tag etwas Neues, da ich die Möglichkeit habe, Rennen aus nächster Nähe zu begleiten und sehr viele verschiedene Situationen zu analysieren, sowohl aus technischer als auch aus fahrerischer Sicht. Ich genieße diese neue Perspektive sehr und liebe es, Teil der Formel 1 zu sein. Also ja, es hat mich als Rennfahrerin definitiv beeinflusst.
Welche besonderen Stärken bringst du als erfolgreiche Frau in einer traditionell von Männern dominierten Sportart mit auf die Strecke? Welche Botschaft möchtest du angehenden Rennfahrerinnen mit auf den Weg geben?
Ich versuche, nicht zu viel darüber nachdenken, dass ich als eine von nur wenigen Frauen auf der Strecke unterwegs bin. Ich will einfach nur mein Bestes geben. Gleichzeitig bin ich jedoch auch sehr stolz darauf, so viel wie möglich für die nächste Generation von Rennfahrerinnen zu tun. Unser Sport verändert sich kontinuierlich und vor allem im Langstreckensport erleben wir einen enormen Wandel bei den weiblichen Talenten. Heutzutage gibt es für Frauen im Motorsport viele großartige Möglichkeiten. Wenn ich mich recht erinnere, standen allein in der ELMS schon fünf Frauen ganz oben auf dem Treppchen. Daher lautet meine Botschaft an junge, aufstrebende Fahrerinnen: Lasst euch durch nichts entmutigen und macht einfach immer weiter!
Was war für dich das schönste Erlebnis mit Genesis Magma Racing?
Definitiv der Sieg in Barcelona, da dieser für uns alle so unverhofft kam. Es war ein ganz besonderes Rennwochenende für das gesamte Team – unser erster Sieg bei unserem ersten offiziellen Rennen. Dass noch dazu viele Teammitglieder, die von der ersten Stunde an dabei waren, dies miterleben durften, war die Krönung.